Der Fernsehkonsum sinkt. Wirklich?

Der Fernsehkonsum sinkt – um satte sechs Minuten! Das Fernsehen stirbt also langsam und qualvoll. Am Sterbebett ist dann noch kurz Zeit für einen Witz: In den vergangenen Jahren stieg die tägliche Sehdauer kontinuierlich an. Von 207 Minuten im Jahre 2008 auf 223 Minuten im Jahre 2010 – der höchste Wert seit dem Beginn der Quotenmessung durch Media Control im Jahr 1992. Liebes Fernsehen, Du bist ja gar nicht totkrank! Auch wenn wir jetzt noch nicht die Zahlen für das gesamte Jahr haben, aber auch Platz Zwei im Gesamtranking aller Fernsehkonsum-Messungen wäre ja noch ein extrem guter Wert.

Was wohl erst für Werte kommen mögen, wenn die Quotenmessung endlich die Nutzung von Internetfernsehen per Livestream und Plattformen wie Zattoo mit einbezieht? Das jedenfalls ist in der Schweiz ab 2013 geplant. Dort erarbeitet aktuell die Medienforschungsgruppe Mediapulse ein Konzept und erwartet durch die Ausweitung der Messung eine deutliche Steigerung des Fernsehkonsums:

Erstmals vollumfänglich in die Zahlen zur TV-Nutzung einfliessen werden ab 2013 die zeitversetzte Nutzung und die Nutzung via Internet. Damit wird der ausgewiesene TV-Konsum voraussichtlich weiter ansteigen.

Warum so etwas in Deutschland bislang nicht in Erwägung gezogen wird, ist mir schleierhaft. Gerade Experimente wie die “Rundshow” zeigen doch ziemlich deutlich, wohin die Reise gehen kann: Second Screen, Webvideos und Internetfernsehen werden die Themen der kommenden Monate sein. Das stellt einerseits Programmmacher, Journalisten und Konsumenten vor neue Herausforderung. Andererseits wird es aber auch wirklich Zeit, dass die Medienforschung diesen Trend aufgreift und lernt, wie die Daten ausgewertet werden können.

Falls das nicht passiert, werden sich Medienmacher weiterhin an einem antiquierten Datenerhebungssystem orientieren und sich zwangsläufig im Kreis drehen. Wer Erfolge (oder Misserfolge) nicht belegen kann, wird auch nicht investieren. Wir sind ja keine Künstler hier.